Kolumne zu einem Artikel von ideaSchweiz 
        6/2006,
        Pfr. Dr. Dölf Weder, Kirchenratspräsident, Juni 2006
         
        
      Eine Pfarrperson ohne gehöriges Mass 
      an Führungskompetenz ist im Gemeindepfarramt am falschen Ort. Sie kann 
      vielleicht in der wissenschaftlichen Theologie oder in der 
      Spezialseelsorge im Gefängnis, im Spital, in der Paarberatung wichtige 
      Beiträge leisten. Nur, selbst dort ist kompetente Gesprächs-Führung 
      gefordert, eine sehr anspruchsvolle Arbeit.
      In der Gemeinde gibt es kaum eine 
      pfarramtliche Aufgabe, die nicht hohe Ansprüche ans Leiten stellt. Das ist 
      bei Religions- und Konfirmandenunterricht offensichtlich, bezüglich des 
      Gottesdienstes oft weniger bewusst. Pfarrpersonen, die keine 
      Mitarbeitenden gewinnen und führen können, werden bald eine blutleere 
      Gemeinde haben und sich selber heillos überfordern.
      Pfarrpersonen sind in reformiertem 
      Verständnis aber nicht „die Gemeindeleiter“. Unsere St. Galler 
      Kirchenverfassung legt die Gemeindeleitung in die Hände der ganzen 
      Kirchenvorsteherschaft und zwar für die administrativen wie für die 
      geistlichen Belange. Pfarrpersonen gehören ihr als stimmberechtigte 
      Mitglieder an. Das fordert hohe Sozial- und Kommunikationskompetenz aller 
      Beteiligten, besonders aber der Pfarrerinnen und Pfarrer. 
      Soll eine Gemeinde funktionieren und 
      blühen, setzt das heute zielorientiertes Arbeiten und die Anwendung 
      moderner Führungsinstrumente voraus. Das Mitwirken von Menschen, die in 
      ihrem Beruf ähnliche Aufgaben erfüllen, ist dabei hilfreich, manchmal 
      sogar unabdingbar.
      Sind Pfarrpersonen damit überfordert?
      Eindeutig ja, wenn sie ihre 
      Führungsfunktion bloss aus dem Handgelenk heraus oder als einsame 
      Alleinunterhalter ausüben.
      Nein, wenn sie die notwendigen 
      Persönlichkeitsvoraussetzungen für den Gemeindepfarrberuf mitbringen, die 
      in der neuen deutschschweizerischen Pfarrerausbildung enthaltene Aus- und 
      Weiterbildung samt Coaching und Supervision im Bereich Gemeindeleitung 
      nutzen und ernst nehmen. Und vor allem dann nicht, wenn sie sich in 
      lebenslanger Persönlichkeitsentwicklung um hohe kommunikative und 
      gemeindebildende Kompetenz bemühen.
      Pfarrpersonen sind keine theologischen 
      Schreibtischsitzer. Das war Jesus auch nicht. Theologische Existenz lebt 
      und wirkt auf den Strassen dieser Welt. Das kompetente Wahrnehmen von 
      Führungsverantwortung gehört unabdingbar dazu. Auch das war bei Jesus 
      schon so.