Vorwort zum Amtsbericht 2012 der 
        Evang.-ref. Kirche des 
        Kantons St. Gallen, März 2013,
        Pfr. Dr. Dölf Weder, Kirchenratspräsident
        
        
        
         
      Der 
      Finanzdruck steigt nun auch in St. Gallen
      
      Im Visitationsbericht 2007 war 
      in der zusammenfassenden Situationsanalyse als eine der vier grössten 
      „Bedrohungen“ unserer Kirche aufgeführt: „Finanzielle Abhängigkeit der 
      kleinen Gemeinden von der kantonalen Steuergesetzgebung 
      (Finanzausgleich)“. Entsprechend formulierte der Kirchenrat als 
      Handlungsvorschlag 6: „Kleine Gemeinden: Genügend grosse regionale 
      Kirchgemeinden mit dezentralem Mitarbeitereinsatz bilden“. 
      
      
      Die Synode beschloss darauf 2008/09 ein Anreizsystem zur 
      Förderung solcher Zusammenschlüsse. Inzwischen haben bereits zwölf 
      Kirchgemeinden fusioniert, zwei weitere planen es für 2014. Der Kirchenrat 
      sprach damals von einem Chancen-Fenster bis ungefähr 2015 und davon, dass 
      später wohl härtere Massnahmen nötig werden könnten.
      
      Genau das ist nun eingetreten. Die Analyse von 2007 erwies 
      sich als richtig. 2012 betrug der Finanzausgleichsbeitrag des Kantons St. 
      Gallen wegen dessen Unternehmenssteuerreform und wirtschaftlichen 
      Turbulenzen noch knapp 7.5 Millionen Franken gegenüber rund 10 Millionen 
      Franken im Jahr 2008. Das bedeutet im Finanzausgleich eine 
      Sparnotwendigkeit von happigen 25 Prozent.
      
      Der Kirchenrat legte der Sommersynode 2012 einen 
      ausführlichen Bericht zu allen Kostenelementen samt den bereits 
      ergriffenen Massnahmen und weiteren Absichten vor. Durch einen 
      substantiellen Fondsabbau soll eine Schockwirkung verhindert und der 
      Ausgleich von Einnahmen und Ausgaben erst im Jahr 2017 erreicht werden. 
      Nach intensiven Diskussionen nahm die Synode vom Bericht samt den 
      kirchenrätlichen Absichten zustimmend Kenntnis.
      
      Für die Wintersynode ergab sich daraus der Bedarf einer 
      Reglementsänderung. Es ging um die Frage, wie die notwendigen Kürzungen 
      bei den Personalkosten im Umfang von jährlich rund dreiviertel Millionen 
      Franken auf die Ausgleichsgemeinden verteilt werden sollen. Prozentual 
      gleiche, also lineare Personalkürzung in allen Finanzausgleichsgemeinden 
      (so das Reglement bisher) oder (so die Anträge des Kirchenrates) vor allem 
      Kürzungen bei den kleinen und bei den neu fusionierten Gemeinden mit 
      Besitzstandwahrung. Sie erhalten heute vom Finanzausgleich zum Teil ein 
      Mehrfaches an Pfarrstellenprozenten pro Mitglied finanziert als 
      Selbstzahlergemeinden sie haben; und sie bestreiten bis zu 84 Prozent 
      ihres Budgets aus dem Finanzausgleich.
      
      Die Synode entschied sich nach 
      langen und intensiven Diskussionen in 1. Lesung für die Anträge des 
      Kirchenrates. Das bedeutet unter anderem ab 2016 die Einführung einer 
      Kirchgemeinde-Mindestgrösse von 1000 Mitgliedern als Voraussetzung zum 
      Bezug von Finanzausgleichsleistungen aus Beitragsart A – praktisch ein 
      Fusionszwang für kleine Gemeinden. 
       
      Wie geht es 
      weiter?
       
      Wie  geht es längerfristig weiter?  Die 2007 diagnostizierte „Bedrohung“ besteht weiter. Unser 
      Finanzausgleich ist nach wie vor ausschliesslich vom politischen Kanton 
      St. Gallen finanziert, nämlich aus dessen Erträgen aus der 
      Unternehmensbesteuerung. Die Beitragshöhe wurde im Kantonsrat in den 
      letzten Jahren bereits zweimal angegriffen. Zunehmend wird politisch auch 
      ganz grundsätzlich die Verwendung solcher Gelder für kirchliche Zwecke in 
      Frage gestellt. Hinzu kommt, dass uns Staatsrechtler warnen, dass sich 
      beim Bundesgericht für die nächsten Jahre eine Praxisänderung in der 
      Beurteilung solcher Mittelverwendung abzeichnet.
      
      In der Konsequenz würde sich bei uns das ganze 
      Finanzausgleichsystem verändern müssen. Mit hoher Wahrscheinlichkeit 
      müsste ein innerkirchlicher Finanzausgleich geschaffen werden: Reiche 
      Gemeinden unterstützen finanzschwache. Die Erfahrungen in anderen 
      Kantonalkirchen zeigen allerdings, dass das so verteilbare Finanzvolumen 
      wohl nur noch einen Bruchteil der heutigen Zahlungen ausmachen würde: Ein 
      System nach dem Vorbild der Landeskirche Thurgau zum Beispiel noch 15% der 
      heutigen Beiträge – eine dramatische Herausforderung für finanzschwache 
      Gemeinden.
      
      Es wäre völlig verfehlt, nun in Panik zu machen. Wir haben 
      in den letzten Jahren vorausschauend und zeitgerecht gehandelt. Das hat 
      eine schrittweise Entwicklung ohne Dramatik ermöglicht. Wir dürfen nur 
      weiterhin nicht zögern, die jeweils aktuell notwendigen 
      Strukturveränderungen anzugehen. Es wird in Zukunft noch weit grösseren 
      Handlungsbedarf geben.
      
       
      
      
      Der Kirchenrat dankt all den 
      vielen hauptamtlichen, nebenamtlichen und freiwilligen Mitarbeitenden, die 
      sich auch 2011 in vielfältigen Funktionen in unserer Kirche engagiert 
      haben und fachlich kompetent miteinander unterwegs waren. Gottes Segen 
      möge auch weiterhin mit uns sein.